Künstliche Intelligenz: Hält ChatGPT, was es verspricht?

Die drei Referenten

Bahnbrechende Technologie oder große Gefahr? Das chatbasierte lernfähige Dialogsystem ChatGPT* von OpenAI polarisiert Menschen seit Monaten wie lange keine andere Erfindung. AI oder KI steht für Künstliche Intelligenz, ist in aller Munde und berührt auch den Alltag von Redaktionen, Journalisten, Textern in Agenturen und Pressestellen.

Das #mediennetzwerkhannover hatte in seiner Reihe „Aus der Praxis für die Praxis“ zur Gesprächsrunde eingeladen. Auf dem Podium: die Fachzeitschriftredakteure Jo Bager und Hartmut Gieselmann sowie der Justiziar von Heise Medien, Joerg Heidrich. Die Moderation übernahm Tamara Bresler vom #mediennetzwerkhannover.

Die Redakteure berichteten vom Arbeitsalltag bei c’t, Europas größtem Tech- und IT-Magazin, das bereits seit 1983 im Heise Verlag in Hannover erscheint. Die Redakteure setzen den Chatbot zum Schreiben von Meldungen ein. Texte können sogar im Schreibstil bestimmter Künstler erstellt werden. Auch Reimformen seien möglich, vor allem aber gute Headlines, die viele Klicks erzeugten, sagte Jo Bager.

Allgemein heißt es: KI-Textgeneratoren eignen sich gut für kurze Texte, zur Ideenfindung und Content-Planung. Chatbots können Produktbeschreibungen generieren, kurze Antworten auf Fragen (FAQs) formulieren, Blogartikel-Einleitungen schreiben, Ideen für neue Blogartikel oder Social-Media-Posts entwickeln, Texte kürzen, zusammenfassen oder umschreiben.

Als eher ungeeignet wird der Chatbot-Einsatz bei Artikeln über komplexe Themen bewertet. Wenn es auf absolut korrekte Information ankommt, wie bei Rechts- und Gesundheitsthemen, sollte auf Textgeneratoren verzichtet werden. Bei sensiblen Themen wie Rassismus, Sexismus, Diskriminierung ist größte Vorsicht geboten.

Bei Textrichtigkeit und Faktentreue stufen die c't-Redakteure ihre eigenen mit KI erstellten Texte auf 70 bis 80 Prozent ein. Schlechter sieht es beispielsweise bei Mathematikaufgaben aus. Da liegt die Richtigkeit nur bei circa 40 Prozent, was Schülerinnen und Schülern eher enttäuschen dürfte. Allerdings lernen die Tools auch hier sehr schnell dazu, und schon in der nächsten Version kann die Trefferquote wesentlich höher liegen.

Besonders im Blick behalten werden sollte das Thema KI-generierte Fotografie und ihre schier grenzenlosen Manipulationsmöglichkeiten, warnen Experten. Und fürchten eine neue Spielwiese für Fake News Creator.

Der Markt für KI-Software zeigt sich von den beschrieben Schwachstellen eher unbeeindruckt und ist heiß gelaufen. Es gibt eine Reihe von Produkten auf dem Markt der KI-Generatoren. Und täglich kommen neue hinzu.

Sehr schlecht fällt die CO2-Bilanz von KI aus: Gigantische Strommengen werden für die riesigen Serverparks benötigt, die vorwiegend in Übersee ihre Dienste verrichten.

Auch die rechtliche Seite beim Einsatz von KI muss im Auge behalten werden. Die Experten von Heise stellen hierzu diese Frage: „Ist ein per Chatbot erstellter Artikel ein Werk, eine persönliche geistige Schöpfung? Hat es die Individualität eines Urhebers?“  Das Urheberecht benötigt zur Anwendung menschliches Schaffen, sagen Experten. Das sei bei KI-generierten Texten und Bildern aber nicht gegeben. Und die Fragen dahinter lauten: Bei wie viel KI im Text ist es noch mein Text? Darf ein Autor mit KI generierte Texte zum Beispiel als die eigenen bei der Verwertungsgesellschaft Wort anmelden, um Tantiemen zu beziehen?

Fragen, die nach Reformen im Urheberrecht rufen und nach einer publizistischen, aber auch politischen Richtlinie oder gar Regulierungen für den Einsatz von KI verlangen. Denn nicht von der Hand zu weisen ist die Gefahr, dass die Fähigkeiten der KI-Bots zum Beispiel für die Produktion und Verbreitung von Falschinformationen genutzt werden. So fragte die Berliner Zeitung schon im Januar dieses Jahres: „ChatGPT: Ein Superspreader für Fake News?

Das Heise-Team sprach im Kontext der jüngsten Entwicklungen von einem Umbruch, der in seinen Auswirkungen der industriellen Revolution gleichkomme. Die Entwicklung werde Texter und Journalisten betreffen, und auch die Bereiche der Fotografie. Aber der versöhnliche Schlusssatz lautete: „Gute Qualität wird noch lange leben.“
 

* ChatGPT steht für „Generative Pre-trained Transformer“,  und ist ein chatbasiertes, lernfähiges Dialogsystem – oder kurz: ein Chatbot. Mit der Veröffentlichung der Anwendung hat OpenAI einen Hype um die sogenannte generative KI ausgelöst. Sie simuliert menschliche Interaktion und kann mit wenigen Stichworten Texte, Bilder oder Videos erstellen.


Die Videoagentur Meat Media hat die Veranstaltung aufgezeichnet. Herzlichen Dank dafür! Das Video kann man sich hier ansehen


Bericht: Holger Bahl
Fotos: Torsten Hamacher